Vortragsreihe „Dachauer Prozesse“

Themen: „Die Fliegermorde, ihre juristische Aufarbeitung und die kollektive Erinnerung in den USA“ und „Der Malmedy-Prozess“

 |  05.10.2022  | 18:30—20:30

 

„Gott weiß, wie viele Jahre ich Tag für Tag mit diesem
schrecklichen Bild in meinem Kopf leben muss …“.
Die Fliegermorde, ihre juristische Aufarbeitung und
die kollektive Erinnerung in den USA

 

Im Frühsommer 1945 warteten Tausende von US-Familien auf die Rückkehr ihrer Söhne, Brüder und Ehemänner aus Europa. Sie waren dort zwischen 1943 und 1945 als Angehörige der US Army Air Force beim Kriegseinsatz abgeschossen worden und in Kriegsgefangenschaft geraten. Viele galten aber auch als vermisst. Besonders tragisch war der Fall der im Sommer 1944 in Groß-Gerau ermordeten Mitglieder einer Bomberbesatzung. Ihre wartenden Angehörigen erfuhren aus einem Prozessbericht in der Zeitung die grausamen Umstände des Todes der jungen Männer, die von einem Mob stundenlang durch die Straßen gehetzt und schließlich mit Eisenstangen erschlagen wurden. Die Mutter eines der Ermordeten schrieb in einem Brief an damit befasste US-Dienststellen: „Gott weiß, wie viele Jahre ich Tag für Tag mit diesem schrecklichen Bild in meinem Kopf leben muss …“.

Die Verfahren gegen die Mörder ihres Sohnes zogen sich über Jahre, und als das letzte, milde Urteil in Dachau gesprochen, der Sohn zweifelsfrei identifiziert worden war und beerdigt werden konnte, hinterließen der Mord und seine juristische Aufarbeitung eine bis heute zerstörte Familie.

 

Susanne Meinl
ist eine deutsche Historikerin. Sie forscht zu den Schicksalen abgestürzter und ermordeter amerikanischer Fliegerbesatzungen während des Zweiten Weltkrieges.

 


 

Der Malmedy-Prozess.
Kristallisationspunkt bundesdeutscher Vergangenheitspolitik

 

Während der Ardennenoffensive 1944 erschossen Angehörige der Waffen-SS über 80 amerikanische Kriegsgefangene an einer Straßenkreuzung bei Malmedy. Darüber hinaus ermordeten sie in Stavelot und umliegenden Ortschaften über 130 belgische Zivilisten.

Nach umfangreichen Vorermittlungen begann im Mai 1946 in Dachau ein US-Militärgerichtsprozess gegen die Täter und deren Vorgesetzte. Das Gericht verurteilte 43 Angeklagte zum Tod, die anderen zu lebenslänglichen oder hohen Haftstrafen. Kein Todesurteil wurde vollstreckt, der letzte Verurteilte schließlich 1957 aus dem Kriegsverbrechergefängnis Landsberg entlassen. Unter den Vorzeichen des Kalten Krieges hatten die Verurteilten ihre Begnadigung einer sich rasch formierenden Kriegsverbrecherlobby Westdeutschlands zu verdanken. Getragen von traditionellen Eliten orchestrierte diese Kampagnen gegen die alliierten Prozesse und stilisierte die Täter zu Opfern.

 

Jens Westemeier
ist ein deutscher Militärhistoriker. Er war zuletzt Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uniklinik der RWTH Aachen, Institut für
Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin.

 


 

Begleitend zur aktuellen Sonderausstellung „Dachauer Prozesse – Verbrechen, Verfahren und Verantwortung“ findet ab September eine Vortragsreihe an der KZ-Gedenkstätte Dachau statt. Diese befasst sich mit der Ahndung nationalsozialistischer Gewaltverbrechen durch US-Militärgerichte und die nachfolgende Rechtsprechung in der Bundesrepublik Deutschland. Neben den großen Konzentrationslagerprozessen werden ebenso die Verfahren wegen der Ermordung abgestürzter amerikanischer Flieger und Kriegsgefangener als auch deren juristische Grundlagen behandelt.

 

Anmeldung     Keine Voranmeldung notwendig

Ort     Besucherzentrum der KZ-Gedenkstätte Dachau, Pater-Roth-Str. 2a, 85221 Dachau

Die Teilnahme ist kostenlos. Die Veranstaltung ist im Nachgang auf dem YouTube-Kanal der KZ-Gedenkstätte Dachau online verfügbar.