Nachruf

Zwi Katz (1927-2024)

 |  19. Juni 2024

schwarz-weiß Portrait von Zwi Katz aus dem Jahr 2000

Portrait von Zwi Katz (2000) © KZ-Gedenkstätte Dachau/Elija Boßler

Die KZ-Gedenkstätte Dachau trauert um den Holocaust-Überlebenden und Zeitzeugen Zwi Katz. Der litauische Überlebende des KZ-Außenlagers Kaufering ist am 17. Juni 2024 in Israel gestorben.

Zwi Katz war 1927 in einer jüdischen Familie im litauischen Kaunas geboren. Die Eltern betrieben ein Kinderwarengeschäft und legten großen Wert auf die Bildung ihrer eigenen Kinder. Die sowjetische Besetzung des Landes 1939 schränkte das liberal bürgerliche Leben der Familie stark ein. Dennoch erinnerte sich Zwi Katz an eine glückliche, behütete Kindheit, die mit dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion 1941 ein jähes Ende fand. Es folgten Schikanen und antisemitische Ausschreitungen, die auch von der nicht-jüdischen litauischen Bevölkerung ausgingen. Zwis Vater verschwand in den Wirren der Belagerung und blieb verschollen. Zwi selbst musste zusammen mit Mutter, Schwester und weiteren Verwandten ins Ghetto Kaunas umziehen. Hunger, Gewalt und die Angst vor den Mordaktionen der SS prägten das tägliche Leben im Ghetto. Zwis Schwager wurde erschossen, Mutter und Schwester ins Konzentrationslager Stutthof deportiert. Im Juli 1944 verschleppte die SS Zwi Katz zur Zwangsarbeit in den Dachauer KZ-Außenlager-Komplex Landsberg-Kaufering.

Dort, im Lager Kaufering I, zwang ihn die SS zu schweren körperlichen Arbeiten, in Nachtschicht und ohne Schutzkleidung mussten die Häftlinge Zementsäcke auf die Baustelle für eine riesige Rüstungsanlage schleppen; Hunger, Erschöpfung und Krankheiten setzten den Gefangenen zu, zahlreiche Mithäftlinge von Zwi Katz starben. Er selbst wurde kurz vor Kriegsende zusammen mit den anderen Gefangenen aus Kaufering in das Dachauer Hauptlager gebracht und von dort auf einen Todesmarsch in Richtung Süden getrieben. Zwei Fluchtversuche misslangen, doch in Waakirchen bei Bad Tölz wurden die Überlebenden am 2. Mai 1945 von Truppen der US-Armee befreit.

Auf abenteuerlichem Weg gelangte Zwi Katz 1948 über Zypern nach Israel und kämpfte dort im Unabhängigkeitskrieg. Seine Mutter war ebenfalls ausgewandert, die Schwester lebte noch bis 1972 in Litauen, ehe auch sie ihrer Familie nach Israel folgte. Zwi Katz lebte zunächst in einem Kibbuz, dort lernte er seine spätere Frau Esther kennen, er nahm eine Anstellung im israelischen Landwirtschaftsministerium an und gründete gemeinsam mit seiner Frau eine eigene Familie.

Zusammen mit seiner Frau begab sich Zwi Katz 1987 auf Spurensuche nach seiner Verfolgungsgeschichte in Bayern. Zwei Jahre später nahm er an der Einweihung der ersten Mahnmale zur Erinnerung an die Todesmärsche des KZ Dachau teil. Seither reiste er immer wieder nach Deutschland, um als Zeitzeuge von seiner Lebensgeschichte zu erzählen. Oft besuchte er auch die KZ-Gedenkstätte Dachau, die mehrere Interviews und Zeitzeugengespräche mit ihm führen durfte.

Zwi Katz setzte sich insbesondere für die Erinnerung an die Todesmärsche ein. Solange es seine Gesundheit erlaubte, nahm er jährlich an den Gedenkveranstaltungen des Vereins „Gedenken im Würmtal“ teil, dessen Ehrenvorsitzender er war. Für sein Engagement als Zeitzeuge wurde Zwi Katz 2004 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Unsere Gedanken sind bei seiner Frau, seinen zwei Kindern, fünf Enkeln und seinem Urenkel.