Nick Hope (1924-2025)
| 19. März 2025

Nick Hope bei der Befreiungsfeier 2024 © KZ-Gedenkstätte Dachau
Die KZ-Gedenkstätte Dachau trauert um Nick Hope, der nach einem bewegten Jahrhundert am 10. März 2025 in Calistoga/Kalifornien gestorben ist.
Nick Hope wurde am 14. August 1924 als Nikolai Choprenko im ukrainischen Petrowka geboren und wuchs als ältestes von sechs Geschwistern in der Donbass-Region auf. Im Alter von acht Jahren kam es zum ersten tragischen Einschnitt in seinem Leben, als seine zwei jüngsten Brüder während der vom Stalin-Regime angeordneten Hungersnot Holodomor starben. Hope überlebte den Holodomor und begeisterte sich in seiner Jugend für Fußball.
Im April 1942 folgte der nächste Einschnitt in Hopes Leben. Die Ukraine war als Teil der Sowjetunion seit fast einem Jahr von NS-Deutschland besetzt und Hope wurde zur Zwangsarbeit in eine Munitionsfabrik bei Wolfratshausen verschleppt. Als es in einem Teil der Fabrik zu einer Explosion kam, wurde er der Sabotage bezichtigt und am 26. Februar 1943 ins Konzentrationslager Dachau gebracht. Hope blieb drei Monate im Stammlager und erhielt die Häftlingsnummer 44249. Den roten Winkel mit der Nummer und einem „R“ für einen sowjetischen Gefangenen hatte er in den letzten Jahren bei Treffen in Dachau immer dabei. Im Frühjahr 1943 wurde Hope in das KZ-Außenlager Allach überführt, wo er in der BMW-Flugzeugmotorenfabrik erneut zur Arbeit gezwungen wurde. Sein Alltag war von Hunger und Misshandlungen bestimmt. Als Hope erneut der Sabotage bezichtigt wurde und mit Prügel bestraft werden sollte, verweigerte der Capo Karl Wagner die vom SS-Lagerführer Jarolin angeordneten Schläge, was Hope und die anderen Häftlinge sehr beeindruckte. Hope wurde dennoch von einem anderen Capo bewusstlos geschlagen. Kurz vor Kriegsende wurde Hope am 2. Mai 1945 in der Nähe von Wolfratshausen durch US-amerikanische Einheiten befreit. Er wog zu diesem Zeitpunkt nur noch 40 Kilogramm und musste viele Monate im DP (Displaced Persons) Hospital Gauting verbringen, um wieder gesund zu werden.
Da er erfuhr, dass viele ehemalige Zwangsarbeiter in der Sowjetunion als Kollaborateure des NS-Regimes Repressalien zu befürchten hatten, kehrte Hope nicht in seine Heimat zurück und sah seine Eltern und Geschwister nie wieder. Er blieb zunächst in Deutschland, wo er u.a. beim Alabama-Depot für das US-amerikanische Militär als Lagerist arbeitete. Hope spielte in einem Team bei München leidenschaftlich Fußball und heiratete seine geliebte Frau Nadya, die ein KZ bei Schweinfurt überlebt hatte und die er im DP-Hospital kennengelernt hatte. In den 1950ern verfiel er dem Alkohol und fand Rettung in seinem Glauben. In dem Büro einer Krankenkasse traf er seinen Peiniger aus dem KZ-Außenlager in Allach, den SS-Vorarbeiter Eisenbarth. Aus seiner christlichen Überzeugung heraus besuchte Nick jenen Eisenbarth, um ihm zu vergeben. Vergebung und Hoffnung machte er zu seinem Lebensmotto.
Nachdem sein erster Sohn Victor geboren wurde, wanderten die Hopes in die USA nach Calistoga in Nordkalifornien aus. Er begann dort einen Neuanfang und ändert seinen Namen in Nick Hope. Seine älteste Tochter Olga verstarb früh mit nur 34 Jahren in Deutschland. Seine Tochter Jennie und sein Sohn George kamen Mitte der 1960er Jahre zur Welt und Hope baute als Handwerker über 150 Häuser in Calistoga. Seine Nachbarn schätzten dabei seinen Tatendrang und seine positive Lebenseinstellung. Als er Anfang der 2000er Jahre das erste Mal die KZ-Gedenkstätte Dachau besuchte und dort dem Archivar Albert Knoll seine Geschichte erzählte, entstand eine enge Verbindung zur KZ-Gedenkstätte, welche bis zu seinem Tod anhielt. Besonders in den letzten 10 Jahren besuchte Hope immer wieder mit Familie und Freunden die Gedenkstätte und nahm an zahlreichen Befreiungsfeiern teil. Dabei führte er teils in drei Sprachen Zeitzeugengespräche mit Schulklassen. Auch zum Dachauer Förderverein, dem Gedenkort Badehaus, dem FC Augsburg und der Evangelischen Versöhnungskirche entstand ein enger Kontakt mit vielen bewegenden Erlebnissen. So besuchte Hope vor zwei Jahren zusammen mit seinem Sohn George und seiner Enkeltochter Janessa das ehemalige DP-Hospital in Gauting. Hope erkannte den Ort wieder und berichtete detailreich, wie er dort gelebt und seine spätere Ehefrau kennengelernt hatte. Ein Jahr später lud ihn der FC Augsburg zu einer Stadiontour ein und Hope spielte fast 100-jährig im Stadion des FC Augsburg Fußball. Alle Beteiligten werden die beiden bewegenden Begegnungen sicherlich nicht vergessen. Dank der guten Pflege seines Sohn George, wozu auch regelmäßige Fitnesstreffen mit Arnold Schwarzenegger gehörten, konnte Hope im letzten Sommer bei guter Gesundheit seinen 100. Geburtstag in Calistoga feiern. Von einer schweren Lungenentzündung stark gezeichnet, erzählte Hope unseren Referent/-innen Ende Januar bei seinem letzten Zeitzeugengespräch per Zoom noch einmal seine bewegte Geschichte. Wir hätten Nick Hope gerne beim 80. Jahrestag der Befreiung des KZ Dachau begrüßt, am 10. März 2025 ist er jedoch im Beisein seiner Kinder in Calistoga gestorben.
Die KZ-Gedenkstätte verliert einen bewegenden und inspirierenden Zeitzeugen, der sein Motto „Hoffnung“ stets im Namen trug. Wir werden Nicks Lächeln, seine Lebensideale und seinen Einsatz für das Erinnern in guter Erinnerung behalten und sind in Gedanken bei seinen Zugehörigen.