Mirjam Ohringer
| 16. Juni 2016
Mirjam Ohringer wurde 1924 in Amsterdam geboren. Ihre Eltern waren jüdische Einwanderer aus Galizien, die der Arbeiterbewegung angehörten. Nachdem das Deutsche Reich im Mai 1940 die Niederlande besetzt hatte, lebte Mirjam bei ihrem Vater im jüdischen Viertel von Amsterdam. Schon früh, als Jugendliche, engagierte sie sich im kommunistischen Widerstand gegen die deutschen Besatzer, wirkte an der Herstellung von Flugblättern mit, übermittelte Nachrichten und erledigte Besorgungen für Menschen, die sich versteckt halten mussten. Gleichzeitig musste Mirjam miterleben, wie das Wohnviertel nach und nach in ein Ghetto umgewandelt wurde und die Gestapo Razzien gegen jüdische Männer durchführte. Im Juni 1941 geriet auch Mirjams Verlobter, Ernst Josef Prager, in Haft. Erst viel später erfuhr sie, dass er im Konzentrationslager Mauthausen ermordet wurde.
Ab 1942 setzten die Massendeportationen der niederländischen Juden ein. Mirjams Vater, der bereits selbst im Untergrund lebte, drängte seine Tochter, bei einer niederländischen Bäckerfamilie auf dem Land unterzutauchen, um der drohenden Deportation zu entgehen. Fast zwei Jahre musste sie sich dort versteckt halten, durfte das Haus nicht mehr verlassen. Erst im Juni 1944, nach der Landung der Alliierten in der Normandie kehrte Mirjam nach Amsterdam zurück.
Nach Kriegsende engagierte sich Mirjam Ohringer in der Friedensbewegung. Außerdem war sie Mitbegründerin des niederländischen Mauthausen-Komitees, dessen Vorsitzende sie lange Zeit war. Zusammen mit Ihrer Freundin Els Lasker-Karstanje, die ebenfalls dem Widerstande in den Niederlanden angehörte und deren Vater im KZ Dachau ermordet wurde, besuchte Miriam Ohringer 1986 erstmals die KZ-Gedenkstätte Dachau. Seither kamen die beiden Freundinnen jedes Jahr zur Internationalen Jugendbegegnung nach Dachau, um den Teilnehmerinnen und Teilnehmern engagiert und mit viel Herzlichkeit von ihren Erfahrungen zu berichten.
Für ihren mutigen Widerstand im Nationalsozialismus und für ihren unermüdlichen Einsatz als Zeitzeugin ehrte die Stadt Dachau Mirjam Ohringer im Jahr 2009 mit dem Dachauer Preis für Zivilcourage.
Am 29. Mai 2016 starb sie im Alter von 91 Jahren. Unser aufrichtiges Beileid gilt allen Angehörigen und Freunden Mirjam Ohringers.