Nachruf

Karl Rom (1926 – 2023)

 |  7. März 2023

Die KZ-Gedenkstätte trauert um Karl Rom. Er starb am 28. Februar 2023, kurz nach seinem 97. Geburtstag in seinem Heimatort Hohenschäftlarn in Oberbayern. Über viele Jahre war Karl Rom als Zeitzeuge eng mit der Gedenkstätte verbunden. Sein Verlust schmerzt uns sehr.

Karl Rom wurde im Februar 1926 in Kaunas, der damaligen Hauptstadt Litauens, geboren. Er wuchs als jüngstes Kind einer jüdischen Familie auf, die gut in die christliche Mehrheitsgesellschaft integriert war. Mit dem Einmarsch der Wehrmacht in der mittlerweile sowjetischen Teilrepublik Litauen änderte sich das Leben der Familie Rom drastisch. Sie war nicht nur Nachstellungen der Sicherheitspolizei des SD, sondern auch der christlichen litauischen Nachbarn ausgesetzt. Im August 1941 musste Karl Rom mit seiner Familie in das Ghetto von Kaunas umziehen, deren Bevölkerung in Angst und Schrecken lebte, weil sie immer wieder durch brutale Mordaktionen in höchste Gefahr geriet. Als 15-jähriger war Karl Rom zu schwerer Zwangsarbeit im Ghetto verpflichtet, die er auch im KZ Kaunas verrichten musste, das seit Herbst 1943 bestand. Seine ältere Schwester Esther Deborah hat das Ghetto Kaunas nicht überlebt.

Mit der Räumung des KZ Kaunas wurde Karl Roms Familie in das KZ Stutthof deportiert. Die Mutter Chassia und die jüngere Schwester Sarah mussten in Stutthof bleiben und wurden von der sowjetischen Armee befreit. Zusammen mit seinem Vater Mones wurde Karl Rom in das Dachauer Außenlager Kaufering I verschleppt. Dort leistete er Zwangsarbeit auf der Rüstungsbaustelle. Später wurde er mit seinem Vater in das Außenlager Kaufering XI bei Landsberg/Lech verlegt. Von dort aus wurden sie kurz vor Kriegsende auf den Todesmarsch gezwungen, der sie über Dachau bis in das Lager Allach führte. Dort wurde Karl Rom am 30. April 1945 befreit.

Karl Rom lebte zunächst in einem Münchner DP-Lager bis 1949. In dieser Zeit arbeitete er als Fluchthelfer für die zionistische Organisation „Bricha“, um Juden, die in Polen befreit wurden, bei der riskanten Auswanderung nach Palästina zu helfen. 1949 zog er selbst in den jungen Staat Israel. Mit seiner Frau Flora und seiner Tochter Esther Deborah, die er nach seiner verstorbenen älteren Schwester benannt hat, kehrte er 1956 nach Deutschland zurück.

Karl Rom ist in den Jahren, in denen er in der Nähe Münchens gelebt hat, lange Zeit nicht öffentlich in Erscheinung getreten. Er pflegte enge Beziehungen zu seinen in Israel lebenden Freunden, die dasselbe Verfolgungsschicksal wie er erleben mussten. Wenn sie zu Gedenkveranstaltungen nach Deutschland kamen, war er stets ihr Begleiter. Es war sein Jugendfreund Abba Naor, der ihn schließlich dazu bewegen konnte, bei der Internationalen Jugendbegegnung in Dachau auch als Zeitzeuge aufzutreten und über seine eigene Geschichte zu erzählen. Seitdem war Karl Rom fester Bestandteil der Gruppe der litauischen jüdischen Überlebenden.

Aufgrund einer schweren Erkrankung konnte Karl Rom in den letzten Jahren nicht mehr Dachau besuchen. Nun ist er im Kreis seiner Familie gestorben.

Karl Rom (links) an seinem 86. Geburtstag mit Max Mannheimer (rechts)

Bild oben: Sr. Elija Boßler

Bild unten: KZ-Gedenkstätte Dachau