Nachruf
Ernest Gross (1929-2023)
| 20. Dezember 2023
Die KZ-Gedenkstätte trauert um Ernest Gross. Der jüdische Überlebende des KZ Dachau starb am 11. Oktober 2023 nahe seiner Heimatstadt Philadelphia in den USA.
Ernest Gross wurde am 13. Juli 1929 in einer ländlichen Gegend im Nordosten Rumäniens geboren. Mit fünf Brüdern und zwei Schwestern wuchs er in einer jüdischen Familie auf. Sein Vater war Verkäufer und seine Mutter unterrichtete Rumänisch. Die Familie Gross lebte im von Ungarn okkupierten Teil Rumäniens, in dem nach dem Sturz der ungarischen Regierung und der Machtübernahme durch das Deutsche Reich die Vernichtung des Judentums vorangetrieben wurde.
Die Familie wurde im April 1944 in einem Ghetto interniert und Ende Mai in das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Von dort aus wurde Ernest Gross weiter nach Deutschland verschleppt, wo er am 18. Juni 1944 als Häftling des KZ Dachau registriert und im Außenlager Kaufering III eingesperrt wurde. Dort musste er Zwangsarbeit im Eisenbahn- und Betonbau für die Firma Moll leisten. Später wurde er in das Außenlager Kaufering IV verlegt und erlebte schließlich die Befreiung durch US-amerikanische Truppen.
Ernest Gross wurde in einem DP-Camp untergebracht und erfuhr, dass von seiner Familie zwei Brüder und eine Schwester den Holocaust überlebt hatten. Im September 1947 emigrierte er nach New York in die USA und ließ sich später in Philadelphia nieder. Er heiratete, gründete eine Familie, zu der heute drei Söhne zählen. Erst nach dem Tod seiner Frau, welche auch eine Überlebende des Holocaust war, begann Ernest Gross, über seine Geschichte zu sprechen. Über einen Artikel in einer Lokalzeitung entstand schließlich der Kontakt zu Don Greenbaum, welcher als Soldat 1945 an der Befreiung des KZ Dachau beteiligt war und auch in Philadelphia lebte. Beide Männer verband seither eine enge Freundschaft. Im Jahr 2015 kehrten sie schließlich gemeinsam zum 70. Jahrestag der Befreiung des KZ Dachau im Rahmen eines Filmprojekts an den Ort der Befreiung zurück, zum 75. Jahrestag konnte er aufgrund der Reisebeschränkungen während der Covid-Pandemie nicht anreisen. Ernest Gross sprach häufig an Schulen über seinen Lebensweg. Nun ist er im Kreis seiner Familie gestorben.