Nachruf

Daniel Chanoch (1932-2024)

 |  15. Oktober 2024

Daniel Chanoch (links) und sein Bruder Uri im Jahr 2013 © Arnold Clevs

Daniel Chanoch (links) und sein Bruder Uri, 2013 © Arnold Clevs

Die KZ-Gedenkstätte Dachau trauert um Daniel Chanoch. Mit dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion und dem Einmarsch der Wehrmacht in Litauen begann im Sommer 1941 sein Leidensweg. Als neunjähriges Kind wurde er mit seiner Mutter Frida, seinem Vater Feivel Shraga, seinem älteren Bruder Uri und der jüngeren Schwester Miriam in das Ghetto von Kaunas deportiert. Daniel Chanoch war 1932 in Kaunas geboren worden, seine Vorfahren lebten seit vielen Generationen als Kaufleute und Landwirte in Litauen.

In Kaunas erlebte er Ausgrenzung, Gewalt und Mord unmittelbar. Deutsche Besatzer und litauische Freiwillige ermordeten in der Stadt tausende Juden in offenen Pogromen und durch Massenerschießungen im Fort IX. Daniel Chanoch überstand im Ghetto, das schrittweise zum Konzentrationslager wurde, Hunger, Selektionen und eine Razzia nach Minderjährigen, die „Kinderaktion“.

Bei der Räumung des Ghettos im Sommer 1944 verschleppte die SS die Familie ins Konzentrationslager Stutthof. Dort trennte sie Frauen und Kinder von den männlichen Deportierten. Um seine Überlebenschancen zu erhöhen, versteckten Daniel Chanochs Eltern ihn im Waggon. Frida und Miriam Chanoch wurden ermordet. Gemeinsam mit seinem Vater und dem Bruder Uri kam Daniel Chanoch in das Dachauer Außenlager Kaufering. Doch bald darauf deportierte die SS den Zwölfjährigen und seinen Vater nach Auschwitz-Birkenau. Uri Chanoch blieb in Kaufering zurück. Feivel Chanoch wurde in Auschwitz vergast.

Als sich die Rote Armee Auschwitz nährte, wurde Daniel Chanoch auf einen Todesmarsch in Richtung Mauthausen gezwungen. Anfang Mai 1945 befreiten ihn US-amerikanische Soldaten im Außenlager Gunskirchen.

Im Sommer 1945 fand ihn sein Bruder Uri in Bologna. Beide wanderten illegal nach Israel-Palästina aus. Daniel Chanoch war Vater von zwei Kindern und mehrfacher Großvater. Er engagierte sich Zeit seines Lebens in der Erinnerungsarbeit. Der Dokumentarfilm „Pizza in Auschwitz“ von 2008 begleitete ihn und seine Kinder auf einer Reise an die Stätten seiner Verfolgung und zeigt eindrücklich, wie die Traumata der Überlebenden auch auf die nachfolgende Generation übergingen. 2021 erschien seine Autobiografie „Erzählen um zu leben“ auf Hebräisch und Deutsch.

Daniel Chanoch starb im September 2024 im Alter von 92 Jahren in Israel. Unser Mitgefühl gilt seinen Hinterbliebenen.