Topografische Verortung
Wie ein Vergleich der beiden Luftbilder aus den Jahren 1945 und 2006 zeigt, ist die Gedenkstätte nicht deckungsgleich mit der geografischen und baulichen Beschaffenheit des Konzentrationslagers. Nach dem Krieg wurden das Gelände und seine Bauzeugnisse durch verschiedenartige Formen der Nachnutzung überformt und verändert. Zahlreiche historische Bauten wurden umgestaltet, abgerissen oder zerstört. Von manchen existieren nur noch Spuren und Relikte.
Die Gestaltung der KZ-Gedenkstätte Dachau im Jahr 1965 folgte der Prämisse der beteiligten Überlebenden, historische Bausubstanz, die für die Repräsentation des Häftlingsleidens als besonders relevant und aussagekräftig erachtet wurde, zu sanieren und zu erhalten. Andere bauliche Überreste wurden gezielt entfernt.
Die dinglichen Überreste des Lagergeländes dienen heute als Ausgangspunkt für die Vermittlung der historischen Auswirkungen der Verfolgungs- und Vernichtungspolitik des NS-Regimes. Die methodische Leitlinie für die Gestaltung des ehemaligen Lagergeländes besteht darin, historische Relikte zu sichern und als solche zu markieren. Nachträgliche Überformungen und Veränderungen werden als Zeitschichten kenntlich gemacht.
Als Ort des Lernens und der Auseinandersetzung mit der Geschichte des Nationalsozialismus besitzt die Gedenkstätte einen musealen Charakter. In den historischen Gebäuden befinden sich Ausstellungen, im Außenbereich vermitteln Informationstafeln den Besucher/-innen Orientierung.
Auf dem Gelände finden sich zudem zahlreiche Mahnmale, Gedenksteine, Gedenktafeln und Grabanlagen. Als Ort des Gedenkens an die Opfer der NS-Herrschaft kommt der Gedenkstätte eine bedeutende Funktion in der internationalen Erinnerungskultur zu.
Dieses Luftbild zeigt das KZ Dachau am 20. April 1945. Die farbigen Markierungen veranschaulichen Teilbereiche des Konzentrationslagers, die verschiedene Funktionen erfüllten.
Der grün markierte Bereich umfasst das Häftlingslager. Deutlich zu erkennen sind die symmetrisch angeordneten 34 Baracken. In 30 von ihnen waren Häftlinge untergebracht.
Das orange gefärbte Areal markiert eine landwirtschaftliche Anbaufläche, die die SS beschönigend „Kräutergarten“ nannte. Der Bereich war Teil der „Deutschen Versuchsanstalt für Ernährung und Verpflegung GmbH“ (DAV), die die SS mit dem Ziel gegründet hatte, Heilpflanzen anzubauen und zu erforschen. Hier mussten die Häftlinge ab 1938 Zwangsarbeit verrichten. Aufgrund der brutalen Arbeitsbedingungen bei der Bewirtschaftung des Geländes nannten die Häftlinge das Areal „Plantage“.
Der Kommandanturbereich der Lager-SS ist blau gekennzeichnet. Dort befanden sich der Dienstsitz des Lagerkommandanten und Unterkünfte der SS-Männer, die die Gefangenen bewachten, sowie der Krematoriumsbereich.
Der gelb gefärbte Bereich ist das SS-Übungslager, in dem SS-Mannschaften ideologisch und soldatisch geschult wurden. Zudem befanden sich dort Verwaltungs-, Wohn- und Versorgungsgebäude sowie Werkstätten, in denen KZ-Häftlinge arbeiten mussten. Gegen Kriegsende umfasste das Gelände des KZ Dachau über zwei Quadratkilometer.
Auf diesem Luftbild ist das Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Dachau im Jahr 2006 zu sehen. Der grün markierte Bereich zeigt das Areal der KZ-Gedenkstätte Dachau. Die Gedenkstätte befindet sich auf dem Gebiet des ehemaligen Häftlingslagers, des Krematoriumsgeländes und auf weiteren, kleinen Anteilen des ehemaligen Kommandaturbereiches. In letzterem liegt außerdem, lila eingefärbt, das Karmel Heilig Blut.
Auf einem Großteil des ehemaligen Konzentrationslagers, dem ehemaligen SS-Gelände, befinden sich heute Einrichtungen der Bayerischen Bereitschaftspolizei. Das gelb markierte Gelände ist durch einen Zaun von der Gedenkstätte abgrenzt und nicht öffentlich zugänglich. Nach dem Krieg nutzte die amerikanische Militärregierung den ehemaligen SS-Bereich als Internierungslager und Truppenstützpunkt. Im Jahr 1972 übernahm die Bayerische Staatsregierung das Areal und richtete dort eine Abteilung der Bayerischen Bereitschaftspolizei ein.
Das Gelände der ehemaligen SS-Versuchsgüter/„Kräutergarten“ ist heute größtenteils mit Gewerbe- und Industriebetrieben überbaut, doch das zentrale Gebäudeensemble ist erhalten geblieben. Es befindet sich im Eigentum der Stadt Dachau.