Lew Michajlowitsch Kamionko

(18. März 1904 – 1941)

 

Eine Gedenkbotschaft seiner Familie

 

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(Übersetzung des russischen Transkripts)

Ich heiße Margarita Lwowna Jakuschenko. Ich bin die Tochter des verstorbenen Oberleutnants Lew Michajlowitsch Kamionko. Ich bin 91 Jahre alt, doch ich erinnere mich sehr gut an den ersten Tag des Kriegs. Am 22. Juni 1941 war ich elf Jahre alt. Als das Bombardement um vier Uhr morgens begann, sagte mein Vater: „Der Krieg ist da.“ Er zog sich an, küsste uns und lief davon. Als er mich küsste, fing ich an zu weinen, als hätte ich geahnt, dass ich ihn nie wiedersehen würde. Meine Mutter blieb im besetzten Brest, mit zwei Kindern, mein Bruder war sechs, ich elf. Die gesamte Zeit der Besatzung lebten wir in Angst und Furcht. Man hätte uns erschießen können, weil mein Vater Oberpolitoffizier war.

Es fällt schwer, von der Besatzung zu sprechen. Denn jeder Tag war geprägt von Grauen, Furcht… und Ungerechtigkeit. Es ist schrecklich, sich vorzustellen, wie brutal und tragisch mein Vater aus dem Leben gerissen wurde, Lew Michajlowitsch Kamionko. Und das im Alter von 37 Jahren.

 

Ich heiße Tatjana Stachanowa. Ich bin die Enkelin des vermissten Oberleutnants Lew Michajlowitsch Kamionko. Ich möchte Ihnen von der langen Suche nach meinem Großvater Lew Kamionko berichten. Mit der Suche begann mein Vater, Ewgenij Jakuschenko, General der Roten Armee. Er verbrachte damit 14 Jahre. Ende der 80er-Jahre fing er an, sich mit der Geschichte des Krieges auseinanderzusetzen und auch mit der Geschichte der sowjetischen Kriegsgefangenen. Diese lange Suche, die vielen Korrespondenzen und Anfragen… erwiesen sich als Erfolg. Da mein Vater im zentralen Militärarchiv des Verteidigungsministeriums recherchieren konnte, gelang es ihm, unter 80.000 deutschen Kriegsgefangenenakten die die Personalkarte meines Großvaters zu finden, Lew Michajlowitsch Kamionko.

So sah sie aus. Hier ist ein Foto meines Großvaters. Er war ein gut aussehender, intelligenter, junger Mann.  Auf dieser Karte stand, dass er am 8. Juli bei Pinsk gefangen genommen wurde. Mit dem Vermerk: „Übergeben an die Gestapo.“ Sein weiteres Schicksal war erneut ungewiss. Es begann wieder eine lange Suche mit vielen Anfragen und Korrespondenzen. Und Anfang der 90er fanden wir schließlich heraus, dass bis zum 1. August Listen zur Erschießung Kriegsgefangener erstellt und in Berlin [im Reichssicherheitshauptamt] genehmigt wurden. Nachdem die Operation Blitzkrieg scheiterte, kam man auf die Idee, in den Kriegsgefangenenakten zur Erschießung diesen Vermerk zu setzen. „Übergeben an die Gestapo“ bedeutete Erschießung.

Doch diese Menschen wurden in keinen Unterlagen aufgeführt. Man brachte sie ins KZ Dachau. Sie wurden ohne Registrierung auf den Schießplatz Hebertshausen gebracht, der sich anderthalb Kilometer vom Konzentrationslager Dachau entfernt befindet. Die sowjetischen Kriegsgefangenen wurden dort als Zielscheiben benutzt. Man kettete sie auf dem Schießplatz an die dort aufgestellten fünf Pfosten, und dann eröffneten 15 bis 20 SS-Offiziere das Feuer. Man trug die Leichen weg, band die nächsten fünf fest und so weiter. Der Sandboden ist mehrere Meter tief mit dem Blut unserer Großväter, Väter und Brüder getränkt. Meinen Großvater Lew Michajlowitsch Kamionko ereilte, wie auch Millionen anderer sowjetischer Soldaten, ein hartes Schicksal.

Die Gefangenschaft und sein grausamer Tod beraubten ihn seines Lebens in der Blüte seiner Kräfte und verhinderten, dass er seine Kinder großziehen konnte. Es ist ein Zeichen, dass meine jüngste Tochter Irina am 18. März geboren wurde. Am gleichen Tag wie mein Großvater Lew Michajlowitsch, nur 83 Jahre später. Das zeigt wahrscheinlich, wie stark unsere Verbindung zu ihm immer noch ist und dass wir seiner weiterhin gedenken.

 

Wir danken unserem Urgroßvater dafür, dass wir in friedvollen Verhältnissen leben und solchen Wohlstand genießen dürfen. Vielen Dank.

 

Nein zum Krieg.

 

Nein zum Krieg.

 

Zum Schluss möchte ich noch etwas sagen. Diejenigen, die die schrecklichen Ereignisse ihrer Vergangenheit vergessen, laufen Gefahr, diese zu wiederholen.

 

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