Ewgenij Iwanowitsch Tschirimow
(10. Oktober 1911 – 1941)
Eine Gedenkbotschaft seines Enkels Sergej Wladimirowisch Kapustin
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Vimeo. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
(Übersetzung des russischen Transkripts)
Guten Tag, mein Name ist Sergej Kapustin. Ich bin der Enkel des auf dem SS-Schießplatz Hebertshausen hingerichteten Kriegsgefangenen Ewgenij Iwanowitsch Tschirimow.
Er wurde 1911 geboren. Vor dem Krieg diente er als Unterleutnant und war Politoffizier des 466. Schützenregiments. Seine Einheit befand sich in Tauragė in Litauen. Da verlief die Grenze zu Deutschland. Als der Luftangriff begann, lief er von der Militärsiedlung zu seiner Einheit. Seine Frau, meine Großmutter, mit meiner Mutter in den Armen, die damals erst 10 Monate alt war, sollte sich in Sicherheit bringen und nach Moskau fliehen. Wir vermuteten zunächst, dass er an diesem Tag seine Einheit nicht erreichte, weil der Luftangriff sehr heftig war. Es stellte sich später heraus, dass er auf der Suche nach seinen Kameraden war aus dem Kessel zu entkommen versucht und möglicherweise sogar gekämpft hatte.
Dann wurde er gefangen genommen. Er war in zwei Offizierslagern. Das sieht man auf den Personalkarten und Grünen Karten, die ich glücklicherweise aus deutschen Archiven erhalten habe. Ich fing mit der Recherche an, da meine Familie dachte, er wäre spurlos verschwunden. Nach dem Krieg war nichts bekannt. Meine Oma gab die Hoffnung nicht auf, weigerte sich, andere Männer zu heiraten. Bis zum letzten Moment konnte sie nichts in Erfahrung bringen.
Ich begann, Informationen zu sammeln, weil ich erfuhr, dass in mehreren deutschen Archiven Vieles erhalten geblieben war. Die Archive waren zugänglich. In Russland ist es leider ziemlich schwer, ein Militärarchiv einzusehen. Es gibt dazu keinen freien Zugang. Auskünfte werden bedingt gegeben, sehr kurz und knapp. Es erschließt sich mir nicht. Schließlich ist es fast 80 Jahre her. Viele Kinder dieser Soldaten, die im schrecklichen Krieg kämpften, leben nicht mehr, wie auch meine Mutter. Sie erfuhr von mir kurz vor ihrem Tod von dem Schicksal ihres Vaters und dass er gefangen genommen wurde. Und allgemein über sein schreckliches Schicksal.
Ich möchte mich herzlich bei den Menschen bedanken, die mich anfangs bei der Informationssuche unterstützen. Nämlich bei Alexander Haritonow von der Stiftung Sächsische Gedenkstätten, bei Adina Horn vom Internationalen Suchdienst IST in Bad Arolsen. Sie engagierte sich sehr bei der Suche, half aus mit Ratschlägen, wen man kontaktieren und wo man Informationen anfordern kann. Leider kann ich das nicht über unsere Organisationen sagen. Das russische Rote Kreuz zum Beispiel hat nicht einmal versucht, meine Anfrage zu beantworten. Es war unfassbar, ich wartete lange auf eine Antwort. Doch es nützte nichts.
Ich bedanke mich bei den Organisatoren und den Mitarbeitern der Gedenkstätte, bei den Menschen, die es geschafft haben, diesen Ort [ehem. SS-Schießplatz Hebertshausen] zu erhalten und auszubauen. Es ist natürlich ein schrecklicher Ort. Ein Dankeschön gilt den Veranstaltern unserer Reise. Alles lief reibungslos, ganz nach deutscher Art. Wir wurden sehr freundlich empfangen. Das möchte ich ausdrücklich betonen.
Der Schießplatz selbst hinterlässt einen tiefen Eindruck. Es ist ein schrecklicher Ort. Es ist schwer, dort zu sein. Als ich dort war, habe ich versucht, mich in die damalige Zeit zurückzuversetzen. Man hört sofort einzelne Schüsse der Scharfschützen, das Gestöhne der Verwundeten, bellende Wachhunde. Und man sieht eine Schlange von Menschen, die zum Tode verurteilt wurden. Eine Schlange, in der du als Nächster dran bist. Es ist natürlich beängstigend, was diese Menschen erleiden mussten.
Ich war auch erstaunt über die große Anzahl von Bussen mit Schülerinnen und Schülern, die diese Gedenkstätte besuchten. Es war sehr schön zu sehen, wie viel in Deutschland für die Erinnerungskultur getan wird. Zur Erinnerung an die Opfer und diese schreckliche Tragödie. Die Verbrechen der NS-Zeit dürfen nicht vertuscht werden. Unsere Kinder sollten wissen, worum es geht, wie es war, welche Gräueltaten verübt wurden, wie viele unschuldige Menschen gestorben sind. Vielen Dank an die deutsche Bundesregierung.
Nochmals ein Dankeschön für die Gelegenheit, den Sterbeort meines Großvaters besuchen zu dürfen, sich vor seinem Grab zu verbeugen. Für mich war das sehr wichtig. Vielen Dank an alle. Und hier ist ein Foto von meinem Großvater.
Alles Gute und vielen Dank.
Zurück